Ringvorlesung WiSe 22/23
Jüdische Theologie: Eine Bestandsaufnahme I Taking Stock of Jewish Theology: Scholarship and Meaning
Dienstag I 14–16 Uhr c.t.
School of Jewish Theology, Universität Potsdam, Campus Am Neuen Palais, Haus 15, Raum 0.08 I ZOOM
„Jüdische Theologie“ ist ein moderner Begriff, der sich auf eine Reihe von Ideen, Texte, Praktiken und Bräuche bezieht, die seit der Antike eine komplexe Tradition bilden. Von der biblischen Zeit über die rabbinische Periode bis hin zum Mittelalter hat sich diese Tradition historisch in Wechselwirkung mit ihrem unterschiedlichen sozialen, religiösen, politischen und kulturellen Umfeld entwickelt. Der Beginn der Moderne beschleunigte und intensivierte diese Auseinandersetzung in den Lebenswelten der Juden und des Judentums. Die Tradition, die nie monolithisch war, diversifizierte sich in ein breites Spektrum religiöser Ideologien, Philosophien und Theologien.
Diese Modernisierungsprozesse führten zu innerjüdischen Debatten, die auch den Begriff des Verlustes beinhalteten. Sie konzentrierten sich auf die Wahrnehmung, dass das Judentum als ganzheitliche Lebens- und Denkweise bis zur Unkenntlichkeit in fremde und stark begrenzte Konzepte überführt wurde. Besonders problematisch war die Auffassung, dass diese Begriffe im Wesentlichen vom christlich-religiösen Denken geprägt waren. Einige Befürworter der religiösen und intellektuellen Modernisierung des Judentums machten sich diese Umdeutungen jedoch zu eigen. Sie entwickelten neue Formen des jüdisch-religiösen Denkens, von denen sich einige selbstbewusst als jüdische Theologien verstanden. Die Legitimität dieser Ansätze wurde von Anfang an in Frage gestellt.
Die Vortragsreihe geht den Grundlagen der Jüdischen Theologie und ihren modernen Transformationen nach, den Brüchen und neuen Perspektiven, mit denen Jüdinnen und Juden sowie das Judentum im vergangenen Jahrhundert und bis in die Gegenwart konfrontiert waren und sind. Eine Reihe renommierter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verknüpft historische Entwicklungen mit zugleich überzeitlichen und aktuellen Sinnfragen, die sich aus dem Judentum für Jüdinnen und Juden und Nichtjüdinnen und -juden ergeben. Die Ringvorlesung zieht Bilanz über "Jüdische Theologie" als wissenschaftliche Disziplin und als sinnstiftende Grundlage sowohl jüdischen Lebens als auch religiösen Lebens jenseits des Judentums.